Die Zukunft des Einzelhandels lässt Sie nicht mehr los. Uns auch nicht. Jeder Geschäftsführer, leitende Angestellte, Marketingleiter und Markleiter ist wie besessen davon. In unserer Welt einfach jeder – oder? Mit Ausnahme der Konsumenten. Milliarden davon. Konsumenten betrachten den Einzelhandel nicht so, wie wir es tun. Sie verbringen den Tag nicht mit Begriffen wie „Omnichannel“, „M-Commerce“ oder „Mobile Responsive“. Sie kümmern sich nicht um Ihr Problem der „Letzten Meile“ oder das „Bezos nimmt dir dein Essen weg“-Problem. Der angekündigte Untergang des Einzelhandels verursacht den Konsumenten keine schlaflosen Nächte.
ERWARTUNGEN VORANTREIBEN
Die Sache ist die: Die Zukunft des Einzelhandels lässt Sie zu Recht nicht mehr los. Denn obwohl den Konsumenten wohl die Zukunft des Handels egal ist, gestalten sie diese jedoch sehr wohl mit. Sie werden quasi von unveränderlichen menschlichen Bedürfnissen getrieben. Und ihre Erwartungen stehen niemals still. Sie wollen mehr Komfort. Sie wollen besseren Nutzen. Sie wollen Begeisterung, Sinn, Status, Bedeutung, Authentizität, soziale Verbindung und vieles mehr.
Es ist die unerbittliche Suche des Konsumenten, diese Bedürfnisse zu befriedigen, die jede Veränderung des Einzelhandels vorantreibt. Lehnen Sie sich jetzt nicht einfach entspannt zurück, falls Sie kein Einzelhändler sind. Die gewaltige Veränderung der Erwartungshaltung unter den Konsumenten mag zwar im Einzelhandel begonnen haben, sie wird sich aber in kürzester Zeit auch auf weitere Branchen ausbreiten.
Es gibt zahlreiche hochrangige Analysen zum Zustand des Einzelhandels und die unterschiedlichen Kräfte, die ihn beeinflussen. Wir entscheiden uns mit diesem Artikel mal für eine andere Herangehensweise. Wir wollen nicht über automatisierte Läden sprechen, dem Aufstieg des „Direct-to-consumer“ oder dem Aufmarsch der „Offline-to-online“ Handelsmarken.
Ja, das sind alles ganz zentrale Trends. Aber wir wissen, Sie haben diese bereits auf dem Radar. Stattdessen betrachten wir einen speziellen Schlüsseltrend näher, der die Erwartungen der Verbraucher 2019 und darüber hinaus signifikant verändern wird. Sie können diesen Trend für sich nutzen – um Ihr neues Top-Produkt, den Service, Kampagnen, Erlebnis, Plattform, Geschäftsmodell und mehr voranzutreiben.
SCHLÜSSELTREND: CULTURE CLUBS
Ihre Unternehmenskultur ist Ihre Marke. Also sorgen Sie dafür, dass es Ihren Leuten gut geht. Aber genug der Vorrede. Los geht’s.
BEGEISTERN SIE IN ZUKUNFT MIT UNTERNEHMENSKULTUR
Der Konsument fordert von den Einzelhändlern, mehr für die eigenen Mitarbeiter zu tun.
Dieser Trend beruht auf einer einzigen, mächtigen und für Handelsunternehmen oft furchteinflößenden Kraft: Transparenz. Allerdings lässt sich Transparenz auch zum eigenen Vorteil nutzen, was viele Möglichkeiten eröffnet.
Eines steht fest: Ihre Unternehmenskultur ist jederzeit sichtbar und daher auch ständig ein ganz wesentlicher Teil Ihrer öffentlichen Marke. Es ist ein von Transparenz getriebener Wandel, der das gesamte Wirtschaftsfeld erfasst und dessen Folgen für Jahre sichtbar sein werden. Aber woher die große Bedeutung des Trends für den Handel? Nun, weil es dabei ausschließlich um Menschen geht.
Auch 2019 werden Verbraucher genau die Einzelhändler aufsuchen, nutzen und weiterempfehlen, die mit einer besseren Unternehmenskultur mehr für die eigenen Mitarbeiter tun. Das ist die Ausgangsbasis der sogenannten „Culture Club“, die neue und innovative Wege finden, das Wohl aller Angestellten zu schützen, zu belohnen und zu fördern.
Dieser Trend erfordert eine tiefgehende und dringliche Entscheidung eines jeden Einzelhändlers. Setzen Sie auf Geschwindigkeit, Komfort und niedrige Preise oder auf ein fantastisches, prägendes, menschliches Erlebnis? Wollen Sie die Aufmerksamkeit der Kunden bewahren oder gewinnen?
Sollten Sie zur Erlebnis-Fraktion gehören, die täglich an ihrer Kreativität, zwischenmenschlichen Beziehungen oder tausend anderen Erlebnisfaktoren arbeitet, dann könnte die Schaffung eines Culture Clubs der einzige Weg sein, die nötigen Mitarbeiter dafür zu haben.
NICHTS KOSTET MEHR ALS EIN SCHLECHTER RUF
Der Einzelhandel steht als Synonym für unterbezahlte, überarbeitete Mitarbeiter und deren hohe Fluktuation. Dabei ist es fast unfair, Amazon, deutsche Lebensmittel-Discounter oder XXXLutz anzusprechen. Aber hey, wir tun’s trotzdem. Kein Wunder, dass laut einer Analyse von LinkedIn im Jahr 2018 gut 11% der Angestellten im Einzelhandel angaben, einmal im Jahr den Job zu wechseln. In einem Zeitalter der gelebten Transparenz werden die Arbeitsbedingungen des Einzelhandels jedoch mitentscheidend für das Image sein, das die jeweilige Marke beim Verbraucher hat.
AUFTRAG AN SIE: IHRE ETHIK CHECKEN
Wir wissen schon, was Sie sagen wollen. Ja, für die meisten Konsumenten stehen niedrige Preise weiterhin an erster Stelle – und auch vor dem Wohl der Angestellten. Aber wir befinden uns in einer Welt, in der sich immer mehr Verbraucher auch durch moralisch richtige Entscheidungen definieren: „Mir ist Ethik wichtiger. Ich bin aufgeklärter als andere.“
BEI DEN BESTEN AUF TREUE SETZEN
Wie hebt man sich in einer Zeit allgegenwärtiger Automatisierung des Handels von anderen ab? Gehen Sie einen anderen Weg und bieten Sie individuellen Service und erlebnisorientierten Einkauf, bei dem zwischenmenschlicher Kontakt, Kreativität und Expertise im Mittelpunkt stehen. Der erste Schritt dazu? Bilden Sie einen Culture Club, der Ihre wichtigsten Mitarbeiter motiviert, Ihrem Unternehmen lange treu zu bleiben. So können sich mit der Zeit tiefgehende, individuelle Beziehungen zu den Kunden entwickeln.
Ja, wie der letzte Punkt bereits andeutet, macht sich dieser Trend die fundamentalen Gegensätze zu Nutze, mit denen jeder Einzelhändler konfrontiert ist.
SIE SIND DRAN:
Zunächst einmal, eine Kultur zu schaffen, in der sich Ihre Leute entfalten können, ist richtig. Also tun Sie’s!
Aber wie bereits erwähnt, es gilt auch eine Entscheidung zu treffen, wenn es um den Zwiespalt im Einzelhandel geht. Automatisierung, Geschwindigkeit, Komfort und niedrige Preise? Oder menschliche Kreativität, Betreuung, Expertise und Beziehungen? In welchem Bereich wollen Sie sich stärker positionieren?
Um eine florierende Unternehmenskultur zu schaffen, müssen tiefgehende Entscheidungen getroffen werden, die auch tatsächlich etwas bewirken. Da können sich gerade traditionelle Unternehmen viel von den jungen Start-Ups abschauen. Zum Beispiel Jimdo. Das Unternehmen wirbt junge Arbeitnehmer mit dem Motto „fun works“ sowie einer Reihe von Angeboten – ideal zugeschnitten auf die Generation Y: Teamwork in der Jimdo-WG, flexible Arbeitszeiten, Feelgood-Management, ein unternehmenseigenes Restaurant, eine Jimdo-Kita und vieles mehr. Die Büroräume in einer alten Lagerhalle in Altona sind modern und detailverliebt eingerichtet. Es gibt loftähnliche Aufenthaltsräume neben Entspannungsräumen mit Aquarium sowie sogenannte „napping-rooms“ – Schlafräume für Mitarbeiter.
Übrigens, falls Sie sich doch dazu entscheiden, Ihre Mitarbeiter „weg zu automatisieren“ und um Geschwindigkeit und Tiefpreise konkurrieren, können Sie trotzdem einen Culture Club aufbauen. Denn Verbraucher machen sich zunehmend Sorgen um die sozialen Folgen der Automatisierung. Daher fordern sie, dass die Unternehmen ihre ehemaligen Mitarbeiter auch weiterhin unterstützen. Die Amazon Career Choice Initiative ist ein Beispiel dafür, wie so etwas aussehen könnte: Nach zweijähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit bei Amazon erlangt eine Fachkraft die Berechtigung zu „Career Choice“. Amazon trägt 95% der Kursgebühren und sonstiger Gebühren (bis zu einem jährlichen Maximum) einer Ausbildung oder Weiterbildung in Bereichen, die stark vom Markt nachgefragt werden.
Also, geht es um Aufmerksamkeit beibehalten oder Aufmerksamkeit gewinnen? Auf den unterschiedlichen Schritten der Customer Journey tendiert man natürlich mal eher auf die eine oder die andere Seite. Wichtig ist dabei, sich dessen bewusst zu sein und dann die eigenen Culture Clubs entsprechend zu aufzubauen.