Jochen Mauch ist bei der Einkaufsgenossenschaft EURONICS verantwortlich für Marketing und E-Commerce. Im Interview mit futureofretail.de verrät er wie viel online und wie viel offline ein Händler heute sein muss.
Ist es heute leichter oder schwerer als vor 5 Jahren, sich im Online-Handel zu behaupten?
Sowohl als auch. Leichter, weil der Markt heute größer ist. Die Leute beginnen ihre Customer Journey immer häufiger online und damit vervielfacht sich das Potenzial gegenüber dem reinen Ladengeschäft. Und schwerer, weil der Handel gerade online immer komplexer wird: Die Hersteller haben immer neue Forderungen bezüglich der Produktpräsentation im Shop. Und auch die Marketing-Maßnahmen sind online komplexer als einfach nur mit Flyern oder Zeitungsannoncen zu werben.
EURONICS bietet eine Plattform für Multichannel-Händler. Muss man heute online sein?
Auf jeden Fall! Das ist aus meiner Sicht alternativlos. Genau genommen muss man die Frage anders herum stellen: Muss man heute nicht auch offline sein? Schauen Sie sich nur die großen Online-Händler an, die derzeit versuchen, stationäre Läden zu eröffnen. Beispiel Amazon Bookstore in den USA: Der Buchladen ist hübsch eingerichtet, mit schönen Bücherregalen mit ganz vielen Büchern, in denen der Kunde schmökern kann. Das gibt den Leuten ein gutes Gefühl, es macht die Marke sympathisch. Für Amazon ist es eine Möglichkeit, aus dieser kalten Effizienz-Ecke rauszukommen. Generell kann man nur offline eine echte Erlebniswelt schaffen, die dem Kunden ein gutes Einkaufserlebnis verschafft. Man muss die Marke erlebbar machen. So, wie EURONICS das schon lange in seinen Ladengeschäften umsetzt und in Verbindung mit unserem Online- Marktplatz euronics.de den Verbrauchern einzigartige Cross-Channel-Einkaufsmöglichkeiten bietet.
Wie machen EURONICS-Händler ihre Shops zur Erlebniswelt?
Es gibt EURONICS-Händler, die zum Beispiel ein Lautsprecher-Studio eingerichtet haben. Dort kann der Kunde verschiedene Soundsysteme testen. Interessiert sich ein Kunde für Produkte aus der Weißen Ware, kann ein Küchenstudio, in dem gemeinsame Kochevents stattfinden, ein gutes Marketinginstrument sein.
Was bringt es, online und offline präsent zu sein?
Die EURONICS-Händler, die am Cross-Channel-System teilnehmen, haben sich im ersten Jahr um 4,5 Prozent besser entwickelt als die Händler ohne EURONICS Webshop. Im zweiten Jahr wird der ROI noch deutlich höher, da die Anfangskosten wegfallen. Die Rendite hängt von der Qualität des Händlers ab. Hat er seine Hausaufgaben gemacht, kann er sich über zusätzlichen Umsatz via Online freuen. Der durchschnittliche Warenkorb liegt bei 340 Euro. Aber eigentlich darf sich ein Händler nicht nur fragen: Was gewinne ich? Sondern: Was verliere ich nicht? Sie müssen heute im Netz präsent sein, um bei einer Kaufentscheidung überhaupt im Relevant Set vorzukommen. Natürlich ist es für den stationären Handel sehr aufwändig, online und offline präsent zu sein. Daher ermöglicht die EURONICS ihren Mitgliedern die Teilnahme auf dem Marktplatz euronics.de, damit diese auch mit ihren begrenzt vorhandenen Ressourcen im eigenen Betrieb, Cross-Channel-Handel betreiben können.
Wie kommuniziert man denn am besten auf allen Kanälen?
Das variiert von Händler zu Händler. Was der optimale Marketing-Mix ist, muss jeder Händler selbst entscheiden. Und per Try and Error ausprobieren, was funktioniert. Was wir sehen: Die Online-Budgets steigen. Das Ziel: Die Awareness auch im Netz schaffen. EURONICS bietet hier zentrale Kampagnen zur Markenpflege an. Aber auch taktische Kampagnen für den Offline-Shop. Dieses Jahr lautete unser Kampagnenmotto zur EM “Daran kommt keiner vorbei! Beste Produkte und Services auf euronics.de und bei EURONICS vor Ort.“ Letzten Endes sollen alle Marketing-Maßnahmen dem Händler Kunden zuführen – online wie offline.
Wie sinnvoll ist die Kombination online bestellen, offline abholen?
Top! Der Kunde hat mehr Kaufsicherheit. Und er kann sich erklären lassen, wie das Gerät funktioniert. Oft braucht er ergänzende Produkte, um seinen Kauf voll genießen zu können. Ein Fachhändler stellt die richtigen Fragen und sorgt dafür, dass der Kunde nicht enttäuscht wird, weil beispielsweise die DSL-Bandbreite für seinen neuen Smart TV zu gering ist und er deswegen keinen Streaming-Dienst in Full-HD genießen kann. Das kommt beim Kunden an.
Danke für das spannende Gespräch.
Das Interview führte Yvonne Göpfert.