Im erlebnisorientierten Handel, oder „retailtainment“, liegt die Zukunft. Die letzten Jahre waren geprägt von Geschichten über den Niedergang des klassischen Ladengeschäfts und dem Aufstieg des E-Commerce – so, als ob deren Schicksal bereits in Stein gemeißelt wäre. Doch der steigende Wunsch nach Erlebnissen könnte diesen Trend umkehren.
Der Markt verändert sich: die Menschen schätzen zunehmend Erlebnisse mehr als materiellen Besitz und investieren auch dementsprechend. Wie aktuelle Zahlen belegen, geben Verbraucher immer weniger Geld für den Kauf von Dingen aus als für das Erleben von Dingen – selbstverständlich nicht ohne dabei der ganzen Welt davon in den sozialen Medien zu berichten. Von Kultur über Gastronomie bis zu Geschäften kämpfen die Unternehmen damit, sich diesem Wandel anzupassen.
Durch ein immersives bzw. intensiveres Erlebnis lassen sich mehr Kunden in die Läden locken und auch sicherstellen, dass sie diese nicht nur mit Einkäufen, sondern auch mit Erinnerungen wieder verlassen. Verstanden wird das im Handel von vielen. Schließlich wird nicht erst seit gestern über den Trend zum erinnerungswürdigen Einkaufserlebnis und die Chancen geschrieben und gesprochen, die sich dadurch für den stationären Handel ergeben. Wirklich etwas zu erleben gibt es für den Konsumenten dann meist jedoch nur in exklusiven Flagship-Stores. Der alltägliche Kontakt mit dem Handel beschränkt sich weiterhin auf Kommen, Produkt wählen und Kaufen.
Die treibende Kraft hinter diesem noch nicht wirklich vollzogenen Wandel ist die Gruppe der Millennials. Mehr als 3 von 4 (78%) würden Geld für ein Erlebnis oder Event ausgeben. 69% der Befragten glauben, dass sie sich mit Live-Erlebnissen besser mit ihren Freunden, ihrer Community oder auch Menschen auf der ganzen Welt verbinden können. Seit 1987 ist zum Beispiel in den USA der Anteil der Konsumausgaben für Live-Events und Erlebnisse in Bezug zu den gesamten Konsumausgaben um 70% gestiegen.
Auch wir sind davon überzeugt: 2019 wird der Einzelhandel den Fokus auf unwiderstehliche Erlebnisse weiter verstärken.
Fallbeispiel 1: IKEA
Ob zum 10. Geburtstag der Filiale oder zum Beginn des „Midsommars“ – IKEA organisiert zu besonderen Anlässen die Übernachtung von Kunden im Möbelhaus als Event. Die Nacht-Aktion beinhaltet neben einem gemeinsamen Abendessen und einer Gute-Nacht-Geschichte unter anderem auch die Beratung durch einen Schlafexperten mit nützlichen Tipps für erholsamen Schlaf, sowie zum Finden der perfekten Matratze. Die Idee zur Aktion kam dem Unternehmen durch Kunden-Feedback in den sozialen Medien. Lois Blenkinsop, IKEAs Manager für PR und interne Kommunikation, Großbritannien, dazu: „Social Media stellt für uns eine einzigartige Plattform dar, direkt mit den Kunden zu interagieren. Und darauf zu hören, was sie wollen, können wir am besten. Die „Big Sleepover“ Aktion ist nur ein Beispiel, wie wir solch direktes Feedback zur Optimierung unserer Marketing-Aktivitäten einsetzen.“ Die kleine Schwester dieses Events: Zur Eröffnung der neuen Schlafzimmer-Abteilung wird den IKEA FAMILY Kunden unter anderem die Aktion „Frühstück im Bett“ als besonders Erlebnis angeboten, für das man sich online anmelden kann.
Fallbeispiel 2: BAUHAUS
Ob Womens Week, Womens Night oder Womens Day – die von der Baumarktkette Bauhaus angebotenen Heimwerker-Workshops nur für Frauen sind derzeit in Deutschland ein besonderes Highlight. In den eigens dafür ins Leben gerufenen Kursen bietet sich den Interessentinnen die Gelegenheit, Handwerken von Grund auf zu lernen oder ihr Können weiter auszubauen. Kurz gesagt: Produkte können auf dem Event ausprobiert und in entspannter Runde erlebt statt nur gekauft werden. Bei einem Glas Sekt, Süßigkeiten und ohne Männer können sich die Frauen mit gleichgesinnten Kundinnen über Werkzeuge und Arbeitstechniken austauschen und informative Präsentationen ansehen. Schleifen, Bohren, Dübeln, Schrauben, Fliesenverlegen, aber auch Vintage Möbel selber herstellen kann man hier von Profis lernen. Diese Events zielen darauf ab, Heimwerkerprojekte der für Baumärkte eher neuen Verbrauchergruppe – Frauen – zugänglicher zu machen und diese zu ermutigen, sich neue Fähigkeiten anzueignen.
Alles in allem für uns die wichtigsten Learnings in Sachen Einkaufserlebnis …
… erstens: Denke Konsumenten fokussiert. Der Kunde steht im Mittelpunkt – immer!
… zweitens: Denke personalisiert. Die Konsumenten sind heute mehr als zuvor bereit dafür, für ein auf sie zugeschnitten Erlebnis zu bezahlen.
… drittens: Denke lebensnah. Ein neues Erlebnis muss nicht futuristisch oder digital sein. Bleibe nah an der Zielgruppe und stets authentisch.