In einer Szene des Science-Fiction-Thrillers „Minority Report“ aus dem Jahr 2002 läuft Tom Cruise durch ein Einkaufszentrum. Um ihn herum befinden sich digitale Bildschirme mit Werbung. Ein unauffälliger Augenscanner identifiziert ihn automatisch, das Display begrüßt ihn persönlich und zeigt ihm individualisierte Werbung von Guinness Bier bis hin zur Urlaubsreise. Schließlich sieht er in dieser Szene auch so aus, als könnte er eine Pause brauchen. Der futuristische Gap Store erkennt ihn sofort und fragt, ob er immer noch mit dem Tanktop zufrieden ist, das er beim letzten Mal gekauft hat.
Ist das alles nur eine Zukunftsvision? Gut möglich. Obwohl es die Technologien dafür bereits gibt.
Die Bedeutung der individuellen Note
Heute ist es jederzeit möglich, den gesamten Weg eines Kunden im Supermarkt über das GPS-System des Smartphones nachzuvollziehen und ihm je nach aktueller Position im Laden individualisierte Angebote aufs Handy zu schicken. Wenn sich ein Kunde z.B. gerade in der Backwarenabteilung befindet, könnte er einen automatisch generierten 10% Rabattgutschein für Marmelade erhalten.
Trotz aller technischer Möglichkeiten sind wir jedoch immer noch einige Jahre von einer flächendeckenden Umsetzung derartiger, zukunftsorientierter Ladenkonzepte entfernt. Das ist sicher auch etwas überraschend, wenn man bedenkt, dass persönliche Angebote und Tracking des Kundenverhaltens gerade online gang und gäbe sind.
Wenn ich mich in einen gut gestalteten Online Store einlogge, werde ich persönlich begrüßt, erhalte persönliche Produktempfehlungen, reichhaltig Produktinformationen, Videos, Cross-Selling Angebote, Lieferzeiten, Informationen zur Verfügbarkeit, einen 10%-Gutschein für die nächste Bestellung und vieles mehr. Kurz gesagt, ich werde wie ein VIP behandelt.
Wenn ich im Gegensatz dazu am nächsten Tag in das Ladengeschäft desselben Händlers gehe, scheint sich dort kein Mensch für mich zu interessieren.
Ich muss selbst die Jeans finden, die mich interessieren, mich durch die Regale wühlen, nur um letztlich zu bemerken, dass das Paar in meiner Größe ausverkauft ist. Nachdem ich viel zu viel Zeit damit vergeudet habe, nach einem Verkäufer zu suchen, verschwindet dieser für 5 Minuten im Lager, nur um mich anschließend mit den Worten abzuwimmeln „Tut mir leid, sind keine mehr da.“
Auf meine Frage, ob es die Jeans evtl. noch in einer anderen Filiale gibt, zuckt er nur mit den Schultern und meint, ich könnte es mit dem Geschäft in der Innenstadt versuchen. Wenn ich „Glück“ habe, steckt mir der Verkäufer noch einen Coupon für die neue Badehosen-Kollektion zu, während ich den Laden in stiller Wut verlasse. Auf dem Weg nach Hause hole ich mein Handy raus und habe mit ein paar Klicks die Jeans einfach woanders bestellt.
Der Unterschied zwischen Onlineshopping-Erlebnis und der Realität am PoS ist schlicht gigantisch. Heutzutage müssen Einzelhändler mehr denn je versuchen, die physischen Ladengeschäfte an die Online-Rahmenbedingungen anzupassen, um den Kunden auch am PoS das gleiche umfassende, engagierte und individualisierte Shopping-Erlebnis zu bieten wie im Online-Store. Andernfalls läuft der Händler Gefahr, seine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren: denn diese lauern überall und durch die Popularität von Smartphones sind sie auch nur ein paar Klicks entfernt.
Wie E-Commerce Systeme den PoS optimieren
Die Bedeutung des PoS bleibt auch im Zeitalter des E-Commerce unverändert. Wie viele Studien bestätigen, werden bis zu 76% der Kaufentscheidungen immer noch am PoS getroffen. Allerdings erwarten die Kunden von heute auch eine Menge mehr von den Verkaufsmitarbeitern.
Laut einer Forrester Studie erwarten 65% der Befragten, dass Verkäufer Preisauskunft über verschiedene Produkte geben können. 55% wünschen sofortige Auskunft, ob ein ausverkauftes Produkt evtl. noch im Lager vorrätig ist. 48% wollen wissen, ob ein ausverkaufter Artikel online oder in einem nahegelegenen Geschäft verfügbar ist. Und zu guter Letzt wünschen mindestens 37% auf Nachfrage zusätzliche Produktinformationen, Bilder und Erfahrungsberichte anderer Kunden.
Das mag nach einfachen Anfragen klingen, bringt jedoch traditionelle Händler an ihre Grenzen.
Auch hier gibt es bereits Tools und Softwarelösungen, eine einzelne Lagerbestandsanzeige auf allen Verkaufskanälen einzuführen. Dazu lassen sich Produktinformationen und Lagerbestände mit dem Onlinekatalog integrieren, flexible Optionen anbieten wie „Online kaufen, im Geschäft abholen“ sowie ein reichhaltiges, individualisiertes Shopping-Erlebnis am PoS schaffen.
Um diese zu nutzen, müssen die bestehenden Datensilos aufgelöst werden und ein einzelnes, umfassendes Produktdaten-Management System für alle Verkaufskanäle eingeführt werden. Eine zusätzliche Omni-Channel Bestell-Management-Lösung ermöglicht die Implementierung einer standardisierten Bestandsanzeige als Grundvoraussetzung für sämtliche „Online kaufen, im Geschäft abholen“ sowie „Online kaufen, im Geschäft zurückgeben“ Optionen. Auch lassen sich so die Lieferzeiten und Lagerbestände optimieren, indem Läden online bestellte Artikel direkt zu Kunden in der näheren Umgebung schicken können.
Ein besseres Einkaufserlebnis schaffen
Ein Anfang wäre es bereits, auf digitalen Bildschirmen saisonale Produktvideos oder kurze Werbespots zu zeigen, um ein verbessertes Kundenerlebnis zu bieten. Der Burberry Flagshipstore in London ist das perfekte Beispiel für einen digitalisieren PoS.
Darüber hinaus könnten Verkäufer mit Tablets ausgestattet werden, samt integrierten Benutzer Interfaces, um vielfältige Produktinformationen anzuzeigen, Erfahrungsberichte von Kunden, ähnliche Produkte sowie Lagerbestände. Auch hierzu gibt es bereits gebrauchsfertige Software-Lösungen.
Wenn ein Kunde den Laden betritt, könnte sich der Verkäufer nach dem Namen erkundigen oder der Kundennummer. Nach Eingabe dieser Informationen über das Benutzer-Interface sieht der Verkäufer, dass der Kunde im letzten Monat bereits Online-Einkäufe über 200 € getätigt hat. Basierend auf diesem Betrag erhält der Verkäufer den Hinweis, dem Kunden für den heutigen Einkauf einen Rabatt von 10% zu gewähren.
Fragt der Kunde nach einem grünen Sweater in Größe M, kann ihn der Verkäufer sofort zum richtigen Regal führen sowie zusätzliche Produktinformationen z.B. Waschanweisungen und Erfahrungsberichte anbieten. Das Tablet zeigt dem Verkäufer außerdem eine passende Jeans als potenzielle Cross-Sell-Möglichkeit, die er dann an den Kunden weitergibt.
Fragt der Kunde nach einer speziellen Größe, sieht der Verkäufer, dass die Jeans im Moment im Laden nicht mehr auf Lager sind. Er öffnet eine Produktverfügbarkeitsliste am Tablet und sieht, dass die Jeans in einem nahegelegenen Geschäft noch vorrätig sind. Er fragt den Kunden, ob er die Jeans für ihn zurückhalten soll, oder ob er sie vom Online-Warenlager direkt nach Hause geschickt haben will.
Der Unterschied zum vorherigen Szenario ist offensichtlich. Hier erwartet den Kunden ein stark verbessertes Einkaufserlebnis und er verlässt das Geschäft rundum zufrieden. Der PoS muss sich darum bemühen, die Grenzen zwischen Online- und Offline-Erlebnis zu verwischen. Der Kunde von heute denkt nicht in Kanälen. Sie sind nur an dem Einzelhändler interessiert, der hier und heute das beste Einkaufserlebnis und den besten Service bietet.
Der Einzelhandel muss sich den aktuellen Entwicklungen anpassen, eine ganzheitliche Omni-Channel Strategie entwickeln und die erforderlichen Lösungen integrieren, um die Verkaufskanäle zu vernetzen. Nur so kann er einen einheitlichen Markenauftritt schaffen und den Kunden einen echten Mehrwert gegenüber der Konkurrenz bieten. Zukunftsorientierte Geschäfte sind dazu bestimmt, digitale Erlebniswelten zu werden, die nicht nur den Markenauftritt bereichern sondern insbesondere den bestmöglichen individualisierten Kundenservice durch online vernetzte Mitarbeiter bieten.
Mit derartigen Konzepten könnte eine Kundenansprache wie in „Minority Report“ von der Fiktion in nicht allzu ferner Zukunft Realität werden.