Als ich im Januar bei der großen Convention des US-Einzelhandelsverband („National Retail Big Show“) in Manhattan war, habe ich ebenfalls einige PoS besichtigt. Zwei von denen, die ich besuchte, hatten einen einzigartigen Ansatz – der auch für den deutschen Einzelhandel in Zukunft wichtig ist. Von einem glaube ich sogar, dass er unglaubliches Potential hat: die Co-Creation.
Was ist Co-Creation?
Schnell erklärt: Co-Creation ist die Einbindung des Kunden in den Einzelhandel. In dem Umfang, daß der Kunde aktiv zum Ergebnis beiträgt, egal, ob dieses Ergebnis eine Transaktion oder eine Erfahrung/Erlebnis oder etwas ganz anderes ist. Der Beitrag des Kunden, umfasst eine Reihe von „Engagement levels“: von der passiven Ebene („Anwesenheit“) bis zur extrem aktiven (Kunde wird „Hauptattraktion“ oder „Sprecher“ – derjenige, der die Erfahrung kreiert).
Co-Creation gilt überall, wo ein Einzelhändler oder eine Marke eine Dienstleistung jeglicher Art anbietet, unabhängig davon, ob im Zusammenhang mit dem Produkt/Marke selbst, oder mit dem Lebensstil, den die Marke repräsentiert.
Auf der grundlegendsten Ebene der passiven Beteiligung, beinhaltet Co-Creation die Konfiguration eines Produktes aus einer Reihe von Entscheidungen.
Stellt euch einen „Build-A-Bear“ oder „Nike“ Schuh vor. Der Kunde hat nichts zu verlieren außer Zeit. Sie wählen sich anhand einer Liste von Optionen/Möglichkeiten ihren Schuh aus, ohne von den übergeordneten Optionen abweichen zu können. Es ist die Aufgabe des Einzelhändlers, den Prozess des Auswählens für den Kunden sinnvoll zu gestalten oder das Ergebnis so einzigartig zu machen, dass der Kunde den Prozess mit dem Gefühl abschließt, dass für ihn etwas Persönliches und Individuelles kreiert wurde.
Auf der Marken/Lifestyle Ebene, findet man die passive Beteiligung in Form der Veranstaltungsteilnahme, zum Beispiel die Teilnahme an einer Vorlesung des Einzelhändlers („- wie bspw. die Firma REI in ihren Stores.“) Bei solchen Veranstaltungen lernt der Kunde etwas und kann gleichzeitig Fragen stellen. Der Einzelhändler erhofft sich somit, dass der Kunde auf diesen Veranstaltungen etwas lernen kann und sich inspirieren lässt, zum Beispiel fürs Bergsteigen, was ihn wiederum zum Kauf eines Produktes bewegt.
Das ist der einfachste Weg, um mit seinen Kunden in Kontakt zu kommen. Man plant Veranstaltungen oder bietet einfache Wege der Produktkonfiguration und -personalisierung an. Das ist eine Methode, die für viele Geschäfte an vielen verschiedenen Standorten angewendet werden kann.
Die aktive Beteiligung ist um einiges schwerer. Sie erfordert viel mehr Ressourcen und ist komplexer aufzuziehen. Für mich persönlich liegt der Unterschied zwischen der passiven und aktiven Teilnahme darin, ob ich zum Beispiel in ein Kino gehe um mir einen Mystery-Film anzusehen oder ob ich lieber in einen „Escape Room“ gehe, um mein eigenes Mysterium zu lösen. Mit einem großen Kinosaal kann man eine relativ einheitliche Erfahrung/Meinung vieler Leute an einem Ort gleichzeitig erschaffen.
In einen Escape Room passen jedoch maximal 6-8 Leute und man bräuchte eine Menge Räume und Personal, um am Ende die gleiche Anzahl an relativ einheitlichen Erfahrungen/Meinungen wie in einem Kino Saal zu erzeugen.
Diese Grenze der vertieften, aktiven Teilnahmeerfahrung sollte keines Weges Einzelhändler und Marken davon abhalten mehr dafür zu tun, um die verschiedenen Optionen von Co-Creation innerhalb des Einzelhandels zu erforschen.
Wenn Einzelhändler über die Kundenbindung sprechen, sollten sie über folgendes nachdenken: „Wie entwickele/kreiere ich etwas für meine Kunden, was in Erinnerung bleibt?“, im Idealfall eine gute Erinnerung. Auf der Produktebene bedeutet das, dass der Kunde sein eigenes Blut, seinen eigenen Schweiß, seine eigenen Tränen und kreativen Impulse in das fertige Produkt mit einfließen lässt. Dabei kann man heute an „Crafting“ oder T-Shirt Design denken.
Bei meinen Besuchen in den Geschäften hatte Samsung 837 (die einem sobald man in die Tür spaziert erzählen, dass sie eigentlich nichts verkaufen) die meisten Co-Creation Optionen. Sie veranstalteten Gruppen-Sichtungen von Episoden der TV Serie Stranger Things – einem passiven Level von Engagement. Momentan haben sie eine irre Kollaboration am laufen: es werden digitale „Kunst-Bilder“ am PoS visualisiert , basierend auf Kunden die den Gang auf und ab gehen.
Für eine Teilnahme am Event verlangt dies viel mehr Hingabe, um mit Kunden zu interagieren. Ein Beispiel von diesem Konzept ist Microsofts Store in Manhattan. Auf der fünften Etage hat die Firma ein Rundfunk Studio auf dem Interviews, Vorträge und sogar Gaming Wettbewerbe übertragen werden.
Hierbei kann man passiv als Zuhörer bzw. Zuschauer teilnehmen, als auch aktiv teilnehmen, in dem man auf die Bühne geht und zum Beispiel seine Gears of War Gaming Künste an ein großes Publikum vor Ort unter Beweis stellt, als auch als Live Stream auf der Plattform Beam, als Teil einer großen Show inklusive Moderator
Es reicht nicht als Einzelhändler nur einfach Zeug zu verkaufen. Dieser Prozess wurde vom Online Handel in Gebrauch genommen.
Einzelhändler dagegen müssen sich darauf konzentrieren wie man dem Store einen Nutzen verschafft mit dem die Kunden, neben dem Erwerb von Produkten, eingebunden werden können. Stores können natürlich immer noch die ursprüngliche Funktion beibehalten, aber vom Kunden geht mit steigender Tendenz ein Bedürfnis nach „etwas mehr“ aus – für diese aktive Teilnahme, erschafft die Co-Creation positive Erinnerungen aus denen loyale Kunden hervorgehen. Die Stores von heute sind noch einen weiten Schritt von dieser Zukunft entfernt.